Turnen/Gymnastics is a site-specific exhibition about dissident bodies in the former gymnastics hall of the Stasi by Elske Rosenfeld, with works by Gabriele Stötzer, Wolfgang Scholz and Elske Rosenfeld in an installation by Andrea Pichl
In the films in this exhibition, bodies appear as agents and subjects of the specific forms of the political in the late GDR and in the revolution of 1989.
Gabriele Stötzer’s Veitstanz/Feixtanz (1988, Super 8, 25 min), shows a cast of characters from the different (non-)scenes of the late GDR – a punk, a pregnant woman, a dancer, a peacenik, an old woman, a football fan – dancing themselves into a trance in a setting chosen by each of them – on the sidewalk, on the roof-tops, by the river, on a playground, in front of a ruin, in the East German city of Erfurt – against a soundtrack of trams and passersby. For Spitze (1986 Super 8,12 mins) she asked a male friend to climb up phallic architectures. He later turns out to have spied on her for the Stasi.
Wolfgang Scholz’ Body Building (1988, 25 mins) is a documentary film about a male body-building group in Dresden and the time they spent torturing themselves on their self-made machines. We see them passing time in a training barracks: a rhythm of sweating bodies whose only aim it is to have larger muscles as symbol of greater strength. Body-building was considered a capitalist sport and frowned upon in the GDR.
Elske Rosenfeld’s edits of videos recorded by dissident film-maker Klaus Freymuth in 1989/90 – A bit of a Complex Situation (2014, 14 min) and Versuche/Framed (2018, 20 min) intensify the physical movements that are created when the experience of a (post-)revolutionary moment exceeds the currently sayable.
Andrea Pichl’s installation and display TSC (2019) sets these films into and against the disturbing aura of a room in which the Stasi took care of its employees through yoga and table tennis. “TSC” is short for Berliner Turn- und Sportclub e.V., the Berlin Gymnastics and Sportsclub that was founded as a counterpart to the sports clubs of the Army and the Police.
The exhibition is part of Elske Rosenfeld’s ongoing research into the body and revolution, “A Vocabulary of Revolutionary Gestures”.
Organised by Archive Kabinett e.V. under the artistic direction of Chiara Figone. The exhibition Turnen/Gymnastics: A Vocabulary of Revolutionary Gestures is supported by Haupstadtkulturfonds.
Turnen/Gymnastics ist eine ortspezifische Ausstellung zu widerständigen Körpern im ehemaligen Turnsaal der Stasi von Elske Rosenfeld, mit Arbeiten von Gabriele Stötzer, Wolfgang Scholz und Elske Rosenfeld in einer Installation von Andrea Pichl.
Die im Turnsaal und Foyer gezeigten Videoarbeiten untersuchen Körperlichkeiten der späten DDR zwischen Widerspenstigkeit und politischer Konstitutiertheit, Kontrolle, Kontrollverlust, Ent- und Ermächtung.
Gabriele Stötzer’s Veitstanz/Feixtanz (1988, Super 8, 25 min) bezieht sich auf den mittelalterlichen Veitstanz, „der im mittelalter wie eine krankheit war und [bei dem] die leute sich auf öffentlichen plätzen und auch auf dem domplatz in erfurt trafen und bis zum umfallen tanzten”, wie Stötzer schreibt. “also habe ich freunde und freundinnen gefragt an für sie wichtigen orten in erfurt aus sich heraus bis zur ekstase zu tanzen und dann noch einen bauchtanz einbezogen von einer schwangeren und den historischen nachgetanzen bauchtanz der bauba die vor der unglücklichen isis ihren rock hochgezogen und getanzt hat. und wenn ich eine frau ausziehe habe ich das auch bei einem mann gemacht.”
In Spitze (1986, Super 8, 12 min) lässt Gabriele Stötzer (*1953 in Emleben, Thüringen): „einen damaligen freund alle phallussymbole in erfurt besteigen bzw. zeige den david-steinwwurf gegen die macht oben und überhaupt das körperliche bewegen gegen mauern. es hat sich herausgestellt das der mann ein ims ‘breaky’ war und auf mich von der stasi angesetzt berichtet hat und überhaupt kein freund war.”
Wolfgang Scholz’(*1958, Dresden) Body Building (16 mm, 1988, 19 min) dokumentiert eine Body-Building-Gruppe in Dresden. Scholz schreibt: „Body Building galt in der DDR als ein ‚kapitalistischer Zweig’ vom Kraftsport. So konnten öffentliche Veranstaltungen nur unter dem Deckmantel einer ‚sportlichen Umrahmung’ (neben einem Wettkampf der Gewichtheber als eine Art geduldete Showeinlage) stattfinden. Als ich 1987 begann einen Film über sie zu drehen, war einer der Protagonisten 22 Jahre alt. Er arbeitete als Pächter der Damentoiletten am Bahnhof Dresden-Neustadt, war Mitglied der SED und Parteigruppenorganisator der Toilettenpächter in Dresden. Ein Film über den Rhythmus und die bewusste Qual bei den übungen mit den eisernen, selbst zusammengeschweißten Geräten und die Vorstellung und Träume von Stärke, Kraft und besonderer körperlicher Ausstrahlung. “
Elske Rosenfelds (*1974 in Halle/S.) Videos Ein bisschen eine komplexe Situation (2014, 14 min) und Versuche/ Framed (2018, 20 min) bearbeiten Aufnahmen des oppositionellen Filmemachers Klaus Freymuth aus der Endzeit der DDR dem Herbst, Winter 1989/90, in denen die (post-)revolutionäre Erfahrung einen körperlichen Überschuss produziert, wenn sie das Sagbare überschreitet.
Die Installation “TSC” Künstlerin Andrea Pichl (*1964 in Ost-Berlin) setzt die Videos in und gegen die Aura des historischen Ortes. TSC, offiziell Berliner Turn- und Sportclub e. V., wurde als „ziviles Gegenstück“ zu den beiden bereits existierenden Sportvereinigungen der Nationalen Volksarmee und der Volkspolizei gegründet. Auch der 1. FC Union Berlin, der Widerpart zum staatlichen Renommierclub, auch „Stasiverein“ genannten BFC Dynamo, gehörte zum TSC Berlin, ebenso ein Hochleistungsklub, in dem auch tausende Sportler unwissentlich gedopt wurden. Die in der Installation verwendeten, zumeist aus „Industrieschrott“ gefertigten Zäune sind Details aus der aus ökonomischen Engpässen heraus von Bewohnerinnen eigentätig gestalteten Erscheinungen ihrer Lebenswelt in der DDR – eine Form der Alltagskultur, mit der die DDR-Bürger auch politische Gegebenheiten reflektierten.
Turnen: A Vocabulary of Revolutionary Gestures wurde gefördert vom Haupstadtkulturfonds. Künstlerische Leitung: Chiara Figone/ Archive Kabinett.